Montag, 28. Dezember 2015

30 Grad und Weihnachtssterne: ein etwas anderer Dezember

- oder: ein eher detaillierterer Einblick in unseren letzten Monat in Abhaya -


Auch hier in Indien, ca. 8.000 km weit weg von zu Hause, in einem Land, in dem 80% der Bevölkerung hinduistisch sind, ist Weihnachten nicht spurlos an uns vorbei gegangen. Ähnlich wie vor Deepawali wurde das Fest schon Wochen vorher in den größeren Geschäften propagiert und bald konnten wir blinkenden Lichterketten, Weihnachtssternen, glizerndem Lametta, Plastikweihnachtsbäumen und Baumschmuck nicht mehr aus dem Weg gehen – es sind eben auch 2,3% der Bevölkerung Christen.

(Wer mehr über indische Religionen erfahren möchte, kann sich gerne Liams letzten Blogartikel dazu durchlesen – eine sehr gute Zusammenfassung: klickt hier!)

 Silent minute - unsere Vorweihnachtszeit

In Abhaya wurde all dies allerdings kaum aufgegriffen und so haben wir uns dazu entschlossen, den Mädchen während dem Dezember ein paar deutsche Weihnachtsbräuche zu zeigen. Am 1. Dezember haben wir im Prayer-Room einen Adventskalender aufgehängt, bei dem jeden Tag eines der Mädchen ein Tütchen öffnen durfte (bei 24 Mädchen ist das perfekt aufgegangen). Außerdem haben wir aus einem Plastiktannenzweig einen Adventskranz gebastelt.
Nach dem abendlichen hinduistischen Prayer wurde dann das Lichte ausgeschaltet und dafür die Kerzen des Adventskranz angezündet, alle haben sich auf den Boden gesetzt, die Augen geschlossen und wurden von Hannah mit ein paar einleitenden Worten dazu gebracht über ein bestimmtes Thema nachzudenken (z.B. Solidarität und Empathie für die Flutopfer in Chennai). Aufgelöst wurde diese „silent minute“ mit ein oder zwei Weihnachtsliedern, die Paula auf der Geige gespielt hat. Dann durfte das Mädchen, das an der Reihe war, den Adventskalender öffnen.

Gerade den kleineren Mädchen ist es schwer gefallen, sich auch nur für eine kurze Zeit ruhig zu verhalten. Auch sind wir uns nicht sicher, wie viele der Jüngeren unsere Worte tatsächlich verstanden haben. Trotzdem war es schön, in dem doch recht lauten und nicht immer geordneten Kinderheimalltag täglich für einen Moment der Ruhe zusammen zu kommen. Besonders gefreut hat uns, dass die Mädchen die „silent minute“ auch weitergeführt haben, wenn wir beide abends mal nicht dabei sein konnten.

Wir als Nikolaus

Ein weiteres großes Event war: Nikolaus. Als wir am Abend des 5. Dezembers vor dem Samstag-Film die Geschichte dazu erzählt haben und die Mädchen zum Schuheputzen animieren wollten, war die Motivation zunächst nicht sehr hoch. Schnell wurde uns unterstellt, die Aktion nur an den Haaren herbei geführt zu haben, um einen Käsefußgestank um das Schuhregal herum zu beenden (vorherige Freiwillige hatten Nikolaus wohl nie in Verbindung mit Schuhen gebracht). Doch im Laufe des Abends wurde dann doch eine große „Chapal-washing“-Aktion durchgeführt und vor dem Schlafengehen standen knapp 30 Sandalen oder Flipflops gewaschen vor Abhayas Eingangstür.

Sie tatsächlich zu befüllen, stellte sich dann etwas schwieriger heraus als gedacht, denn als wir uns mitten in der Nacht heraus geschlichen haben, wurden wir sofort von den Straßenhunden entdeckt, die mit lautem Gebelle meinten, auf uns aufmerksam machen zu müsse. Glücklicherweise haben unsere Kinder wohl einen recht tiefen Schlaf und so waren sie überrascht und ein bisschen enttäuscht als einige Neugierige, obwohl sie an einem Sonntagmorgen ganz früh aufgestanden waren, den Nikolaus und seinen Freund verpasst hatten.

50 Weihnachtskarten und noch mehr Plätzchen

Recht zu Beginn des Dezembers stand auch noch an, 50 Weihnachtskarten für christlichen Sponsoren und Freunde des Kinderheims zu basteln und als diese fertig waren, wollten die Mädchen natürlich auch Karten für ihre Familien und Schulfreunde machen. Außerdem fanden wir, dass in den Tagen vor Weihnachten Plätzchen nicht fehlen sollten und so haben wir nach der Anleitung von den ehemaligen Freiwilligen Franzi und Jule (hier geht's zur Anleitung) eine Backaktion gestartet... ohne Ofen ist das nämlich gar nicht so einfach! Weil es den Abhaya Mädchen mit dem Feuermachen (unser Gasherd war zu klein) und dem improvisierten Ofen nicht schnell genug ging, sind sie auf die glorreiche Idee gekommen einige Plätzchen im Waffeleisen herzustellen – die waren dann zwar etwas trocken, aber immerhin gleich zum Naschen bereit.

Ungewöhnliche Weihnachtsfeiertage

Ironischerweise haben wir die tatsächlichen Weihnachtsfeiertage - trotz all der Vorbereitungen - nicht mit den Abhaya Mädchen verbringen können, da Hannah sich ein hier umgehendes Fieber geholt hat, das bei ihr recht heftig ausgefallen ist und einen Krankenhausaufenthalt nötig gemacht hat. Paula hat mit den Kindern noch Teelichter und einen Weihnachtsstern gebastelt (diese Sterne scheint man sich hier üblicher Weise vor die Haustür zu hängen, wenn man Weihnachten feiert), sowie Abhaya mit Papiersternen dekoriert. Am 25. war sie morgens mit den Kindern in einer naheliegenden Kirche, was wir schon zuvor mit unserem Direktor abgesprochen hatten.

Nach dem wir immer an all den indischen Traditionen teilnehmen dürfen, fanden wir es schön, nun auch mal etwas von unserer deutschen Kultur weiterzugeben. Viele Mädchen sind nun über die Feiertage und Ferien nach Hause gegangen, von den Übrigen kommen manche sogar aus christlichen Familien, andere haben das erste Mal eine Kirche besucht. Wenn wir alle wieder beisammen sind, wollen wir auf jeden Fall noch eine kleine Weihnachtsfeier nachholen.

In diesem Sinne von uns dieses Jahr ein bisschen spät: Frohe Weihachten!





1 Kommentar:

  1. Hallo Ihr beiden,
    toller Blog! und großartig, was Ihr da leistet!
    Wir wünschen Euch noch tolle Erfahrungen und vor allem ein frohes neues Jahr.
    Liebe Grüße aus Dortmund von
    Ariane & Martin

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