- zwei examplarische Geschichten-
Während
unserer Arbeit bei NMCT haben wir uns mit der Geschichte jedes einzelnen Abhaya
Mädchens auseinander gesetzt – manchmal recht oberflächig, teilweise aber auch
sehr intensiv. Um die Geschichten für die NGO, aber auch für Abhayas
finanzielle UnterstützerInnen festzuhalten, haben wir über jedes Mädchen, das
momentan in dem Hostel lebt, ein Profil erstellt. Da es für euch
interessant sein könnte zu erfahren, aus welchen Hintergründen unsere Mädels
stammen, möchten wir gerne zwei „Beispiel-Geschichten“ mit euch teilen. Bitte
berücksichtigt, dass wir die Namen aller Familienmitglieder, sowie den genauen
Wohnort nicht erwähnen bzw. geändert haben, um die Privatsphäre der Kinder zu
schützen.
Priya
Geboren: 1999
In Abhaya seit: 2009
Familie: Mutter (HIV-positiv), Vater (kein
Kontakt), Stiefvater (†, HIV-positiv),
Geschwister:
13 Jahre ältere Schwester, 3 Jahre jüngere Halbschwester
Bildung: 2. Jahr an einem staatlichen College mit
mechanisch-technischem Schwerpunkt
Familienhintergrund
Priyas zu Hause ist ein kleines
Steinhaus im Vorort einer industriellen Großstadt, direkt neben einer lauten
und restlosen Autobahn. Es ist der Ort, an dem schon ihre Mutter aufgewachsen
ist und seit dem ihr gesamtes Leben verbracht hat.
Nach der Hochzeit ist Priyas
Vater eingezogen, jedoch war es von Anfang an nicht leicht mit ihm. Er hatte eine
andere Affäre und hat damit in der Familie viel Streit provoziert. Kurz nach
Priyas Geburt hat er seine Frau und Töchter schließlich verlassen, so dass für
Priya ihr Stiefvater und ihre Halbschwester ihre „richtige“ Familie sind.
Das Einkommen, das der Stiefvater
als Elektriker verdiente, wurde die Haupteinnahmequelle der Familie und obwohl
es nicht viel war, hat es gereicht um ihre Bedürfnisse abzudecken. In 2006 litt
er jedoch plötzlich stark unter den vielzähligen Folgeerkrankungen einer HIV
Infektion und starb noch im selben Jahr. Priyas Mutter, die dann erfuhr, dass sie ebenfalls unter dem
Virus leidet, ist seitdem dazu gezwungen als Tagelöhnerin zu arbeiten, doch auch ihr
Gesundheitszustand ist bis heute schwach und ihr Verdienst sehr gering.
Grund für die Aufnahme in Abhaya
Als Priya noch zu Hause gewohnt
hat, konnte sich ihre Mutter nicht wirklich um sie kümmern, da sie stets bis
abends gearbeitet hat. Das Geld reichte jedoch trotzdem nicht für das
Schulmaterial beider Kinder, oft gab es noch nicht einmal drei vernünftige Mahlzeiten
am Tag. Abhaya ist für Priya eine Möglichkeit eine gute Schulbildung zu
erlangen und gleichzeitig in einem fürsorglichen Umfeld zu leben, in dem für
ihre Grundbedürfnisse gesorgt werden kann. Ihre Stiefschwester lebt seit einigen Jahren auch in Abhaya.
Entwicklung
Ohne ihre Mutter zusammen zu
leben, war für Priya ein großer Schritt. Als sie dem Kinderheim beigetreten
ist, war sie extrem schüchtern und hat kaum gesprochen. Obwohl dieser
Charakterzug immer noch hervorkommt, wenn sie sich neuen und unbekannten Situationen
stellen muss, ist sie ein erwachsenes Mädchen geworden. Sie hat angefangen den
Alltag in Abhaya zu regeln und ruft oft kleine Treffen ein, in denen sie die
jüngeren Mädchen anleitet.
Priya ist unglaublich glücklich,
dass sie die Chance bekommen hat in „ihrem Abhaya“ zu leben. Besonders weiß sie
zu schätzen, dass sie hier immer alles bekommt, was sie braucht – wie Seife,
Kleidung, Schulmaterial – denn in ihrem zu Hause konnte sie diese Erfahrung
nicht machen.
Zukunft
Nachdem sie ihr zweites und
letztes Jahr am Berufskolleg beendet hat, möchte Priya wieder zu ihrer Mutter
ziehen, denn es ist ihr Wunsch diese zu unterstützen. Sie plant einen
Teilzeitjob im mechanisch-technischen Bereich anzunehmen und ihre höhere
Ausbildung an einer Abendschule weiterzuführen. Ihre Bildung wird in jedem Fall
weiter von NMCT unterstützt.
Boowaneswari
Geboren: 2002
In Abhaya seit: 2015
Familie: Mutter, Vater, 3 Jahre ältere
Schwester
Bildung: 9. Klasse an einer staatlichen High School
Familienhintergrund
Boowaneswari kommt aus einem
indigen Dorf in der ländlichen Umgebung Coimbatores. In ihrer Familie ist die
Mutter Oberhaupt, Brotverdiener und Ansprechperson für die Kinder, denn der
Vater hat ein starkes Alkoholproblem. Während er zu Hause oder im Dorf
herumlungert, arbeitet die junge Frau auf einer Farm, wo sie ein tägliches
Einkommen von 120RS verdient (weniger als 2€). Dies reicht in der Regel aus, um
die Bedürfnisse der Familie abzudecken, doch der Vater beansprucht ihren
Verdienst immer wieder für seine Spirituosen. Dabei bedient er sich verbaler,
sowie physischer Gewalt. Auch Boowaneswari musste dies erfahren, wenn ihr Vater
sie morgens regelmäßig dazu gezwungen hat, nicht zur Schule zu gehen. Obwohl
sie normalerweise eine staatliche Mittelschule in im Nachbardorf besucht hat,
ist sie an solchen Tagen zu Hause geblieben und hat im Haushalt geholfen.
Grund für die Aufnahme in Abahya
Boowaneswaris alte Schule geht
nur bis zur 8. Klasse und so müssen die SchülerInnen für ihren
Sekundarschulabschluss auf eine High School wechseln. Für Boowaneswari war die
nächstgelegenste Möglichkeit eine staatliche Schule, 16km von ihrem Heimatort
entfernt. Es gibt allerdings keine regelmäßig fahrende Busse dorthin und selbst
wenn es sie geben würden, könnte sich die Familie die Fahrtkosten nicht
leisten. Daher hat Boowaneswari die Schule abgebrochen - ohne einen Abschluss zu
haben.
Um ihr eine bessere Zukunft als
die ihrer Schwester zu ermöglichen, die nach ihrem Schulabbruch als
Kinderarbeiterin tätig war, hat NMCT Boowaneswari nach Abahya gebracht. Dies
gibt ihr die Chance ihre Ausbildung fortzuführen, bis sie in der Lage ist auf
eigenen Beinen zu stehen. Außerdem bietet ihr das Heim die Chance in einer sicheren und kindesfreundlichen Atmosphäre zu leben.
Entwicklung
Boowaneswari ist noch nicht lange
in Abhaya und immer noch eher schüchtern. Da sie in ihrem Heimatdorf kein Tamil
gesprochen hat, hat sie leichte Schwierigkeiten mit alltäglicher Kommunikation
und versteht auch in der Schule nicht so viel, wie die anderen Mädchen.
Aufgrund von einem unglaublich geringen Selbstbewusstsein traut sie sich aber
auch wenig zu.
Trotzdem steckt sie viel Arbeit
in ihre Hausaufgaben und ist gewollt zu lernen. Generell ist Boowaneswari an
Neuem interessiert und nimmt offen an allen Programmen im Kinderheim teil. Ein
„Life Skill training“, das vor Kurzem für die Kinder organisiert wurde, hat ihr
außerdem geholfen ehrlicher und freier mit anderen Leuten zu reden. Und auch
wenn die Beziehungen noch nicht sehr tief sein mögen, kann man sagen,
dass Boowaneswari sich in jedem Fall gut mit all den anderen Mädchen versteht!
Zukunft
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